In einem Pflegeheim laufen die Uhren manchmal etwas anders. Außenstehende können sich nicht einmal im Entferntesten vorstellen, mit welchen Gehirnleistungen sich die Mitarbeiter dort den Tag verschönern müssen. In den Pflegeheimen leben immer mehr demente Menschen. Demenz bedeutet eigentlich nichts anderes als „geistlos“. Oftmals wird die Alzheimer Krankheit mit der Demenz verglichen. Ein manchmal kühner Erklärungsversuch. Wie dem auch sei, die Mitarbeiter müssen sich ganz gezielt auf jeden einzelnen Bewohner neu einstellen. Das hat zur Folge, dass sich die Kollegen pro Tag bis zu 15 Mal neu erfinden müssen. Bei dem einen muss man die Kinderrolle einnehmen, beim anderen ist man der Ehepartner oder früherer Kollege.

Manchmal ist man auch ein Kellner, Verkäufer, Lehrer oder ein Elternteil. Das stellt viele Menschen vor ihre Grenzen. Sie zu überwinden fällt nicht immer leicht. Vor allem, wenn einige Bewohner in ihrer eigenen Sprache mit dem Personal reden. So zum Beispiel wird zum Dessert ein Werkzeug bestellt, oder die Gabel heißt Stecherstab. Jeder Mensch ist ein Unikat und hat es verdient, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen gepflegt und versorgt zu werden. Nun liegt es an den Altenpflegern, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Wesentlich einfacher haben es da die Erzieher in einem Kinderheim. Freilich ist ihre Aufgabe auch nicht einfach, aber sie arbeiten mit Kindern, die in etwa dem gleichen Entwicklungsstatus zugehören. Daher ist es eine wesentlich einfachere Aufgabe, einen Sack Kinder zu hüten, als einen Sack Alte. Jede soziale Berufsgruppe hat ihre Tücken. Gott sei Dank erklären sich jedes Jahr aufs Neue viele Menschen bereit, diese Berufe auszuüben.

by Schossig (mail[at]holger-schossig.de)

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