Es ist etwa fünf Jahre her. Ich bekam urplötzlich Schmerzattacken im Gesicht, die drei Wochen lang andauerten. Dann ebbten sie innerhalb weniger Tage ab und hörten schließlich auf.
Was war passiert?
Meinen Schmerzattacken ging Ärger mit den Lehrern meines Sohnes voraus. Ich weiß nicht, aber diesen Ärger bringe ich irgendwie mit den Schmerzen in Verbindung. Es war stiller Ärger, den ich ganz allein mit mir austrug. Ich hatte keinerlei Streitgespräche mit den Lehrern.
Die Schmerzen äußerten sich in nadelfeinen Stichen links oben im Kopf (neben dem Scheitel) und traten etwa alle zwei bis drei Minuten auf. Die Stiche dauerten jeweils nur den Bruchteil einer Sekunde. Sie waren so abnorm heftig, dass ich jedesmal zusammenzuckte – doch ehe ich piep sagen konnte, war alles vorbei. Meine Tochter, die vier Semester Medizin studiert hatte, äußerte die Vermutung, dass es der Trigeminus sein könnte, der gereizt worden war und sich nun ständig meldete. (Der Trigeminus ist ein Nerv, der seinen Ursprung im Gehirn hat und seine Zweige in das Gesicht streckt, genauer gesagt in die Schläfe und Augenhöhlen, Wangen, Oberkiefer und Unterkiefer.)
In der Nacht hatte ich zum Glück Ruhe. Doch kaum aufgestanden, litt ich wieder unter den ständigen Attacken. Ich war noch müde und nicht bereit für derartig zermürbende Schmerzen. Ich weinte vor Verzweiflung. Es war so qualvoll und frustrierend, meine Lebensqualität sank total. Mein Dasein bestand nur noch aus diesen ständigen, lästigen, abnorm heftigen Stichen – etwa zwanzigmal pro Stunde und über dreihundertmal pro Tag.

Ich ging zu meiner Hausärztin. Sie verschrieb mir ein Schmerzmittel und gab mir eine Überweisung zur Computertomografie und zu einer Nervenärztin. Die Tomografie erfolgte ziemlich bald mit dem erfreulichen Ergebnis, dass mein Kopf in Ordnung war. Bei der Nervenärztin bekam ich erst für drei Monate später einen Termin.
Die Schmerzmittel halfen mir nicht. Die Intensität der Stichschmerzen nahm nicht ab. Im Gegenteil: Im Laufe der drei Wochen breiteten sie sich aus. Es stach gleichzeitig links oben im Kopf, in der linken Augenhöhle (oberer Bereich) und an je einem Punkt im linken Ober- und Unterkiefer. An den Zahnwurzeln hatte ich nichts, beim äußeren Abtasten fanden sich keinerlei Probleme. Doch ein feines Haar, das mir ins Gesicht fiel, löste sofort abnorme Stiche aus.
Ich war machtlos, meine Familie schaute machtlos zu.
Dann endlich, nach drei Wochen, traten die Stiche seltener auf und verloren an Intensität. Es wurde Zeit. Ich war erschöpft.
Als ich meinen langfristigen Termin bei der Nervenärztin wahrnahm, hatte ich keinerlei Schmerzen mehr. Doch ich erzählte der Ärztin meinen Krankheitsverlauf. Sie schaute mich ungläubig an, so, als hätte sie Derartiges noch nie gehört. Ich hatte den Eindruck, sie glaubte mir nicht. Sie sagte nichts weiter dazu, nur dass ich beim nächsten Mal nicht erst so spät, sondern sofort zu ihr kommen soll.
Upps?
Seit dieser Zeit sind fünf Jahre vergangen, und ich hatte nie wieder eine Trigeminus-Neuralgie. Aber ich vergesse nicht, wie schlimm diese Zeit war. Später las ich im Internet, dass die Suizidrate unter trigeminusneuralgiegeplagten Menschen ziemlich hoch sei.
Das jagte mir einen Schauer über den Rücken.

Undine März

Von hemueveg